Press release

Bedeutende Ausstellung im Metropolitan Museum zur Kunst, Wissenschaft und Kultur der einflussreichen, mittelalterlichen islamischen Dynastie der Seldschuken

Ausstellungsdaten: 27. April bis 24. Juli 2016
Ausstellungsräume: Iris and B. Gerald Cantor Exhibition Hall (Galerie 999)
Pressevorschau: 25. April von 10 bis 12 Uhr


Einer der produktivsten Zeitabschnitte in der Geschichte des Gebiets, welches von Iran bis nach Anatolien (in der heutigen Türkei) reicht, fällt in die Herrschaftszeit der Seldschuken und die ihnen unmittelbare nachfolgenden Dynastien (1038 bis 1307). Die Seldschuken waren eine türkische Dynastie nomadischen Ursprungs aus Zentralasien. Sie etablierten eine große, jedoch nicht vereinte und nur relativ kurze Zeit bestehende Macht in Westasien (heute Turkmenistan, Iran, Irak, Syrien und Türkei). Unter der Herrschaft der Seldschuken ereignete sich ein Austausch von und eine Synthese aus unterschiedlichen Traditionen – darunter turkmenische, perso-arabisch-islamische, byzantinisch, armenische, kreuzritterliche und andere christliche Kulturen – bei gleichzeitigem wirtschaftlichem Wohlstand, wissenschaftlichen und technologischen Fortschritten sowie einer bedeutenden Kulturblüte innerhalb der Territorien. Die ab 27. April in New York im Metropolitan Museum of Art (The Met) zu sehende, internationale Leihausstellung Court and Cosmos: The Great Age of the Seljuqs umfasst spektakuläre Kunstwerke, die zwischen dem 11. und 13. Jahrhundert von Turkmenistan bis zum Mittelmeerraum geschaffen wurden. 

Die Ausstellung wurde finanziert vom NoRuz at The Met Fund und der Iranian-American Community.

Zu sehen sind etwa 270 Werke – darunter Keramik, Glas, Stukkaturen, Werke auf Papier, Holzarbeiten, Textilien und Metallobjekte – von öffentlichen und privaten Sammlungen aus Amerika, Europa und dem Mittleren Osten. Viele der Leihgeber haben zuvor noch nie Werke aus ihren Sammlungen verliehen. Zu den Höhepunkten gehören Dutzende von bedeutenden Leihgaben aus Turkmenistan, welches zum ersten Mal seit seiner Unabhängigkeit einem längeren Verleih von historischen Werken an ein Museum in den Vereinigten Staaten zugestimmt hat.  

Unter den Groß-Seldschuken des Irans erlebte die Mittelschicht einen Aufschwung, welcher das Mäzenatentum, technische Fortschritte und den Markt für Luxusgüter anregte. Im Gegensatz hierzu entstand Kunst in Anatolien, Syrien und der Jazira (Nordwestirak, Nordostsyrien und Südosttürkei), die von den nachfolgenden Dynastien der Seldschuken kontrolliert wurden, unter königlichem Mäzenatentum, und islamische Ikonografie wurde einer überwiegend christlichen Region vorgestellt. 

Zudem migrierten im Zuge der mongolischen Eroberung von 1220 etliche Künstler aus dem Iran in die Region. Da Mäzene, Abnehmer und Künstler aus unterschiedlichen kulturellen, religiösen und künstlerischen Bereichen kamen, wurden im westlichen Teil der seldschukischen Territorien verschiedene Kunstrichtungen geschaffen und deren Blüte gefördert.   

Ausstellungsüberblick

Die thematisch gegliederte Ausstellung beginnt mit Exponaten, welche die seldschukischen Sultane und Mitglieder der Führungsschicht benennen. In Zentralasien und im Iran erscheinen Inschriften auf Münzen und Bauten. Stuckreliefs mit Darstellungen der königlichen Garde, Emire und Höflinge verweisen auf die Höfe der Seldschuken, deren Namen auf keinen Gegenständen zu sehen waren. In Anatolien, Syrien und der Jazira erschienen die Namen der nachfolgenden Seldschuken-Herrscher auf unterschiedlichen Objekten. Auf der berühmten Cloisonné-Schale aus dem 12. Jahrhundert erscheint der Name von Rukn al-Dawla Dawud, einem Herrscher der Artuqiden. 

Der zweite Teil der Ausstellung beschäftigt sich mit dem Hofleben und den Tagesgewohnheiten der Sultane und ihren Höflingen, dargestellt auf Stuckreliefs, Keramik- und Metallarbeiten und anderen Kunsthandwerken. Auch wenn die Abbildungen der seldschukischen Führungsschicht auf diesen Werken nicht als Portraits gedacht waren, bringt ein bestimmter zentralasiatischer Gesichtstyp die Schönheitsnorm unter der seldschukischen Herrschaft zum Ausdruck. Das früheste erhaltene Manuskript des 1217 in Anatolien geschaffenen Shahnama (Buch der Könige) – dem persischen Nationalepos – ist ein Höhepunkt dieses Abschnitts. Auch die eindrucksvolle Blacas-Kanne mit ihren unzähligen detaillierten Darstellungen des höfischen Lebens ist deutlich sichtbar ausgestellt.

Die drei Jahrhunderte unter der seldschukischen Herrschaft waren auch geprägt von Erfindungen und Fortschritten in Wissenschaft, Medizin und Technik, wie anhand von Manuskripten, wissenschaftlichen Instrumenten und medizinischen Geräten der damaligen Zeit zu erkennen ist. Manche Seiten der im frühen 13. Jahrhunderts entstandenen Bilderhandschrift Buch des Wissens von sinnreichen mechanischen Vorrichtungen enthalten phantasievoll wiedergegebene Darstellungen des muslimischen Universalgelehrten und Erfinders ibn ar-Razzaz al-Jazari, dessen Erfindungen von Uhren und Wasserrädern bis zu Automaten gehörten. Ein frühes islamisches Astrolabium gehört ebenfalls zu den Höhepunkten der Ausstellung. (Mit diesem komplizierten Navigationsgerät konnte unter anderem die Richtung von Mekka und somit die Richtung für Gebete bestimmt werden.) Zu sehen ist auch eine aufwendige Apotheker-Kassette mit separaten Fächern für Moschus, Kampher und anderen Mitteln der mittelalterlichen Pharmazie. 

Die Kunst der Seldschuken ist voll mit Darstellungen von realen, mythologischen und hybriden Tieren auf Objekten unterschiedlicher Größe. Tierkämpfe waren ein beliebtes Thema iranischer Kunst. Der doppelköpfige Adler wurde zum typischen Sinnbild für die Nachfolge-Staaten der Seldschuken in Anatolien und der Jazira. Harpyien (Kreaturen mit dem Körper eines Vogels und dem Gesicht eines Menschen) und Sphinxe (Geschöpfe mit dem Körper eines Löwen, dem Gesicht eines Menschen und gelegentlich den Flügeln eines Vogels) erscheinen häufig. Die eindrucksvolle Vaso Vescovali – eine mit Gravuren und Silbereinlagen verzierte Deckelschale, auf der komplizierte astrologische Darstellungen zu sehen sind – zeigt acht Personifizierungen von Planeten auf dem Deckel sowie die zwölf Sternbilder und ihre dazugehörigen Planeten im unteren Teil, jeweils umgeben von zahlreichen Ornamenten. 

Die Seldschuken förderten die Ausbreitung des Islam in ihrem gesamten Herrschaftsgebiet. Sie bauten Medresen und Moscheen und förderten die Herstellung von Koranen und anderen religiösen Texten. Die Ausstellung umfasst auch eine Reihe von seltenen und wunderschön verzierten Beispielen der Buchkunst aus der Zeit der Seldschuken. In Syrien, der Jazira und Anatolien – wo die Mehrheit der örtlichen Bevölkerung, einschließlich der Herrschaftsschicht, dem christlichen Glauben angehörte – wurden weiterhin Werke mit christlicher Ikonografie geschaffen. Ein Ritualgefäß aus Georgien mit einer hebräischen Inschrift zeugt auch von der Anwesenheit einer jüdischen Bevölkerung. Manchmal arbeiteten ein und dieselben Künstler für unterschiedliche Religionsgemeinschaften. Dies ist daran zu erkennen, dass die Stile und Kunsttraditionen der einzelnen Gruppen teilweise ineinander übergingen. 

Der fünfte und letzte Abschnitt der Ausstellung hat den Schwerpunkt Grabkunst. Zu sehen ist eine Auswahl unterschiedlicher Grabsteine, Bestattungsmobiliar und bemusterter Textilien, die in seldschukischen Gräbern gefunden wurden. Gemäß muslimischem Brauch werden die Toten in zwei oder drei weiße Tücher gewickelt. Die Tatsache, dass kostbare Textilien bei Begräbnissen verwendet wurden, deutet darauf hin, dass verbreitete Gewohnheiten und offizielle Praxis sich erheblich voneinander unterschieden.

Mitwirkende der Ausstellung

Die Kuratoren der Ausstellung sind Sheila R. Canby, verantwortliche Patti Cadby Birch Curator, Abteilung für islamische Kunst; Deniz Beyazit, Assistant Curator; und Martina Rugiadi, Assistant Curator. Das Ausstellungsdesign stammt von Katharina Weistroffer, Exhibition Designer, mit Grafiken von Mortimer Lebigre, Graphic Designer. Für die Beleuchtung sind Clint Ross Coller und Richard Lichte, Lighting Design Managers, verantwortlich. Alle diese Mitwirkenden gehören dem Design Department des Metropolitan Museum an. Die Videoproduktionen stammen von Christopher Noey, General Manager of Creative Production, und die Medieninstallation von Paul Caro, Senior Manager of Media Production and Technology Services, vom Digital Department des Metropolitan Museum. 

Katalog, Begleitprogramm und digitale Angebote 

Ein reichhaltig illustrierter Ausstellungskatalog, der sich sowohl an ein Fachpublikum als auch an die breite Öffentlichkeit richtet, begleitet die Ausstellung. Herausgeber ist das Metropolitan Museum of Art. Der Katalog wird vertrieben von der Yale University Press, und er ist auch im The Met Store erhältlich (gebundene Ausgabe 65 USD).

Der Katalog wurde finanziert von der Andrew W. Mellon Foundation, dem Doris Duke Fund for Publications und der Marshall and Marilyn R. Wolf Foundation. 

Eine Audioführung ist Teil des Audio-Guide-Programms des Metropolitan Museum und kann gegen eine Gebühr ausgeliehen werden (7 USD, Mitglieder 7 USD, Kinder unter zwölf Jahre 5 USD).

Die Audioführung wurde finanziert von Bloomberg Philanthropies. 

Zum Begleitprogramm der Ausstellung gehören ein Zeichenunterricht (Drop-in-Drawing) am 15. April, ein Familiennachmittag (Family Afternoon) am 10. Juli und Führungen durch die Ausstellung am 11. Mai, 31. Mai, 15. Juni, 25. Juni, 8. Juli und 13. Juli sowie ein interdisziplinäres Ausstellungsgespräch (Interdisciplinary Gallery Conversation) am 26. Mai und ein Fachsymposium vom 9. bis 11. Juni. Eine zweiteilige Veranstaltung im Rahmen von Sunday at The Met zum Thema Wissenschaft und Kunst findet am 15. Mai statt. Sheila Canby leitet eine Diskussion mit Silke Ackermann, Director of the Museum of the History of Science der University of Oxford, über Astronomie und Astrolabien, und eine Diskussion mit Peter J. Lu, Research Associate in Applied Physics an der John A. Paulson School of Engineering and Applied Sciences, Harvard University, über Anwendungen komplexer islamischer geometrischer Muster in der Physik. Eine Vorführung von Feathers of Fire, einer filmischen Schattenspieladaption einer Geschichte aus dem Shahnama des Künstlers Hamid Rahmanian, wird folgen. Die Teilnahme an diesen Programmen ist im Eintrittspreis des Metropolitan Museum inbegriffen.

Vom 6. bis 7. Mai wird Peter Hristoff einen zweiteiligen Zeichenmarathon leiten. Zu dem in den Ausstellungsräumen des Metropolitan Museum stattfindenden Workshop gehört das Zeichnen vor Modellen, Requisiten und Kostümen (140 USD, Voranmeldung erforderlich. Im Preis inbegriffen ist der Eintritt zum Metropolitan Museum an zwei Tagen und das Zeichenmaterial).

Peter Hristoff, bis Juni 2016 Artist-in-Residence am Metropolitan Museum, war an den Vorbereitungen zur Ausstellung und zum Begleitprogramm beteiligt. Dazu gehören Zeichenklassen für ein unterschiedliches Publikum, Ausstellungsgespräche und eine Zusammenarbeit zum Austausch zwischen den High-School-Praktikanten des Metropolitan Museum und Webern aus der Türkei. Hristoff ist Künstler und Mitglied des Lehrkörpers an der School of Visual Arts in New York. Sein Aufenthalt am Metropolitan Museum gehört zu einer Programmreihe, die der Lebendigkeit, Vielfalt und Schönheit zeitgenössischer islamischer Kultur im Kontext der Sammlung des Metropolitan Museum gewidmet ist. 

Das Symposium wurde finanziert vom Roshan Cultural Heritage Institute und der Soudavar Memorial Foundation.

Das Programm Sunday at The Met wird finanziert von der Doris Duke Foundation for Islamic Art. Feathers of Fire wurde finanziert vom Roshan Cultural Heritage Institute und dem Mossavar-Rahmani Fund for Iranian Art.

Die Peter Hristoff Artist Residency und die dazugehörigen Programme wurden finanziert von der Doris Duke Foundation for Islamic Art.

In allen Räumen der Sonderausstellung werden Projektionen von Fotografien seldschukischer Architektur und Landschaften von Henri Stierlin zu sehen sein. Historische Ansichten von Kuppeln der großen Moschee in Isfahan, die zum Weltkulturerbe der UNESCO gehört, werden in einem Bereich an die Decke projiziert. Diese Aufnahmen wurden in den 1960er und 1970er Jahren unter der Leitung von Eugenio Galdieri gemacht. Galdieri gehörte der italienischen Mission zur Restaurierung von IsMEO (Istituto Italiano per il Medio ed Estremo Oriente/Istituto Italiano per l’Africa e l’Oriente) an. Die Fotografien befinden sich heute im Museo Nazionale d’Arte Orientale „Giuseppe Tucci“. Zur Inszenierung der Blacas-Kanne gehört eine Videoaufnahme des Werkes mit extrem hoher Vergrößerung. 

Die Projektionen wurden finanziert vom Mossavar-Rahmani Fund for Iranian Art.

Die Ausstellung wird beschrieben auf der Internetseite des Metropolitan Museum auf www.metmuseum.org sowie auf Facebook, Instagram und Twitter über den Hashtag #CourtandCosmos.

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13. April 2016

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